Einigung im Abschiebe-Streit

Letztlich war der Druck zu groß: Die Landesspitzen von SPD, Grünen und Linkspartei veröffentlichten am Sonntag ein gemeinsames Papier, das den Koalitionsstreit um Abschiebungen lösen soll. Man bekenne sich zur solidarischen Stadt, heißt es darin. Auf Abschiebungen soll zukünftig verzichtet werden, weitere Maßnahmen sind geplant.

Damit endet ein Streit, der die Koalition über Wochen gelähmt hatte. Die Linke hatte angekündigt, die Koalition platzen zu lassen, nachdem bekannt geworden war, dass die Senatsinnenverwaltung trotz des Regierungswechsels an einer rigorosen Abschiebepraxis festhielt. Dies widerspreche dem Koalitionsvertrag, hatte Vizebürgermeister Klaus Lederer argumentiert. Auch öffentlich wuchs der Unmut, zuletzt hatten Tausende den Flughafen Tegel blockiert, zuvor war Innensenator Andreas Geisel bei einem Bankett mit Spinat beworfen worden.

Das Papier wurde unter dem Titel „Berliner Charta für eine solidarische Stadt“ veröffentlicht. Die Neuerungen betreffen die Bereiche Bildung, Gesundheit, Wohnen und Wahlen.

Die Änderungen im Detail:

Die anonyme Gesundheitskarte

Im Streit um den anonymen Krankenschein konnten VertreterInnen gesellschaftlicher Initiativen eine weitreichendere Lösung durchsetzen: Die anonyme Gesundheitskarte garantiert jedem Menschen unabhängig von dessen Aufenthaltsstatus das Recht auf medizinische Versorgung. Von der anonymen Gesundheitskarte profitieren vor allem Menschen ohne Ausweisdokumente, sie können nun auch ohne Krankenkarte medizinische Leistungen in Anspruch nehmen. Eine ähnliche Regelung in Schweden war ihr Vorbild.

Bildung für alle

Künftig seien keine Ausweiskopien mehr vorzulegen, wenn Eltern ihre Kinder an einer Schule anmelden, heißt es in der Charta. Eine entsprechende Verordnung gilt bereits seit acht Jahren, viele Schulen ignorierten sie jedoch und lehnten Kinder ab, deren Eltern sich nicht ausweisen konnten – trotz Schulpflicht. Bildungssenatorin Scheres will sich nun um die rasche Umsetzung der Verordnung bemühen.

Mitbestimmung

Die schwerwiegendste Neuerung steht im Wahlrecht an: Künftig sollen alle in Berlin lebenden Personen die Stadtbürgerschaft erhalten, die mit dem Wahlrecht verbunden sei. Mehr als 600.000 Menschen werden von dieser Regelung profitieren. „Wir wollen gleichberechtigte Teilhabe für alle schaffen“, erklärte der Regierende Bürgermeister Michael Müller. „Die Stadtbürgerschaft ist ein großer Fortschritt, endlich werden die Stimmen aller BerlinerInnen gehört.“ Auch hier gibt es internationale Vorbilder: In Toronto und New York existieren seit längerem ähnliche Regelungen.

Bild: Luca Vogel auf flickr.com / Lizenz: CC BY-NC 2.0